Die Position von SUSE zum Deutschland-Stack: Für eine souveräne und europäisch vernetzte Technologie-Plattform
Die Arbeit am Deutschland-Stack geht voran – und als größter Open Source-Anbieter Europas möchten wir unsere Ideen und Perspektiven einbringen.
Mit dem Deutschland-Stack nimmt die Vision einer souveränen und offenen Technologie-Plattform für die Digitalvorhaben in Deutschland konkrete Formen an. Vor wenigen Wochen hat das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung einen Beteiligungsprozess gestartet, um die Entwicklung der Plattform zu beschleunigen.
SUSE begrüßt diesen Ansatz ausdrücklich. Als europäischer Open Source-Pionier sehen wir im Deutschland-Stack eine historische Chance, digitale Souveränität praktisch umzusetzen, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland und Europa zu fördern und die Handlungsfähigkeit des Staates unter veränderten geopolitischen Bedingungen sicherzustellen.
In unserer aktuellen Stellungnahme zum Deutschland-Stack und zum zuvor veröffentlichten Impulspapier des Landes Schleswig-Holstein zeigen wir, welche technologischen und organisatorischen Grundlagen dafür entscheidend sind – und wie eine europäisch anschlussfähige Plattform aussehen kann.
Auf die folgenden vier Punkte weisen wir dabei besonders hin:
- Ganzheitlicher Technologieansatz: Die bisher dokumentierte Struktur des Deutschland-Stacks fokussiert vor allem auf die Komponenten, die für die Entwicklung innovativer Anwendungen benötigt werden. Infrastrukturaspekte spielen hingegen eine untergeordnete Rolle. Aus unserer Sicht ist es allerdings notwendig, auch Technologien wie Betriebssystem, Virtualisierungsschicht und Betriebsplattform näher zu betrachten und nach den vorgeschlagenen Reifegrad-Kriterien zu bewerten. Die notwendigen Management-Lösungen wurden in der Architektur ebenfalls noch kaum berücksichtigt. Nur mit einer Bewertung aller relevanten Komponenten lässt sich echte digitale Souveränität sicherstellen.
- Reifegradbewertung mit Praxisbezug: Die Tech-Stack-Landkarte gibt einen ersten Überblick über Standards und Technologien im Deutschland-Stack, benennt dabei aber vor allem Upstream-Open-Source-Projekte ohne Support. Das erscheint zwar zunächst nachvollziehbar, wirft aber auf den zweiten Blick Fragen auf. Eine Reifegradbewertung sollte sich nicht nur auf die Upstream-Projekte beziehen, sondern auch die Mehrwerte von kommerziellen Open Source-Angeboten beleuchten. Themen wie Systemhärtung, planbare Releasezyklen oder verlängerter Support bleiben sonst unberücksichtigt – und damit genau jene Aspekte, die für professionelle Anwender entscheidend sind. Das steht zugleich im Widerspruch zum Ziel, den Wirtschaftsstandort und das Wachstum nationaler und europäischer Anbieter zu fördern (Reifegrad-Kriterium „Marktrelevanz“).
- Souveränität europäisch denken: Am 20. Oktober 2025 hat die Europäische Kommission das Cloud Sovereignty Framework vorgestellt. Darin werden unter anderem Anforderungslevel – Sovereignty Effectiveness Assurance Levels (SEAL) – und Bewertungskriterien – Sovereign Objectives (SOV) – für die Beurteilung souveräner Cloud Services definiert. Mit diesem Framework können öffentliche Einrichtungen den Souveränitätsscore eines Cloud-Providers nachvollziehbar ermitteln und für Vergaben nutzen. Neben der europäischen Verankerung des Anbieters werden dabei alle relevanten strategischen, juristischen, operativen und technologischen Aspekte von Souveränität betrachtet. Um europäische Anschlussfähigkeit sicherzustellen, wäre es sinnvoll, das Cloud Sovereignty Framework in das Reifegradmodell des Deutschland-Stacks einfließen zu lassen.
- Durchgängige Verantwortungsketten: Der erste Architekturentwurf des Deutschland-Stacks geht aus unserer Sicht zu wenig auf die Rolle der beauftragten Dienstleister und Service-Anbieter ein. Noch immer haben manche Entscheidungsträger die Vorstellung, dass sie die Verantwortung für Souveränitätsaspekte komplett an einen externen Vertragspartner auslagern können. Digitale Souveränität muss allerdings als Gesamtprozess gedacht werden. Wenn dieser Prozess an einer Stelle abreißt, sind immer auch die Anwender am Ende der Kette betroffen. Der Kunde kann dann zwar auf vertragliche Vereinbarungen pochen und klagen – er hat aber zunächst keinen Zugang mehr zu funktionierenden und vertrauenswürdigen Diensten. Daher ist es notwendig, die Verantwortung entlang der gesamten Wertschöpfungskette klar zu definieren, zu dokumentieren und regelmäßig zu überprüfen.
Fazit
Der erste Architekturentwurf des Deutschland-Stacks und der gestartete Beteiligungsprozess sind wichtige Schritte hin zu einer souveränen digitalen Infrastruktur für Bund, Länder und Kommunen. Mit seinem Impulspapier hat das Land Schleswig-Holstein bereits wertvolle Vorarbeit geleistet und konkrete Anregungen gegeben, wie der Deutschland-Stack in den nächsten Jahren Wirklichkeit werden kann.

Lesen Sie in unserer ausführlichen Stellungnahme Gemeinsam die souveräne Basis für ein digitales Deutschland gestalten, welche Maßnahmen jetzt notwendig sind, um den Deutschland-Stack zu einem europäischen Erfolgsmodell zu machen.